William Sheckleston

William Sheckleston (1925-2018)

"Die Bilder der zerstörten Stadt werde ich nie wieder vergessen"
William Sheckleston (links)  1990 bei einer RBL-Veranstaltung mit Stadtkommandant Robert Corbett (rechts)

Zeitzeuge
William Sheckleston
Der Brückenbauer

Eine ruhige und freundliche Ausstrahlung, eine große Bescheidenheit, stets darauf orientiert, zu versöhnen, zu vermitteln und alles für ein friedliches Miteinander zu tun.

So würde jeder William "Bill" Sheckleston beschreiben, der ihn kannte.
Als 20jähriger Soldat gehörte der Engländer nach dem Zweiten Weltkrieg zu den ersten Einheiten der Britischen Streitkräfte, die ihren Sektor von der Roten Armee übernommen haben. Diese hatte nach der „Schlacht um Berlin“ die damalige Reichshauptstadt eingenommen und für wenige Monate selbstständig verwaltet.

Bill Sheckleston, 1925 im nordwestlichen England geboren, war Angehöriger der bekannten Royal Engineers und berichtete als Zeitzeuge im Sommer 2017 über den Einzug in die vormalige Behrend-Kaserne, die dann den neuen Namen Smuts Barracks erhielt und an den legendären Premierminister und Feldmarschall Jan Christiaan Smuts erinnern sollte, der zu diesem Zeitpunkt noch lebte. Sheckleston gehörte somit zu den wichtigsten Zeitzeugen der 1940er Jahre.

 „Die Übernahme war unspektakulärer als man sich das heute vorstellt, denn bislang waren die Russen und wir ja Verbündete. Trotzdem herrschte immer etwas Argwohn, und als wir erstmals in die Kaserne kamen, trauten wir unseren Augen nicht. Alles war verdreckt, Inventar entfernt und die Liegenschaft in einem schlechten Zustand“, erinnerte er sich.

Den Engländer schockte der Anblick der Gebäude und Räume, aber die Tugenden des Deutschen hatte er immer anders eingeschätzt. „Uns war klar: So haben die Deutschen es nicht hinterlassen, dafür sind sie viel zu ordnungsverliebt. Auch gab es keine formale Übergabe durch die Russen. Aber, auch wenn wir uns nicht wohl gefühlt haben, so muss ich sagen, wir waren ja alle noch so jung und haben das mit einer gewissen Leichtigkeit gesehen. Und trotzdem: Die Bilder der zerstörten Stadt werde ich nie wieder vergessen. Sie haben mich immer begleitet. Sie haben mich bis heute als Mensch geprägt“, erinnerte sich Sheckleston.

Nach dem selbst gesteckten Ziel „Das darf nie wieder passieren“, war er mit seiner Pioniereinheit in Berlin eingesetzt, um vor allem zerstörte Straßen, Brücken, Plätze, aber auch Kindergärten wieder aufzubauen und herzurichten. „Auch um die Stromversorgung haben wir uns gekümmert“, sagte der Engländer stolz, der auch während der Berliner Luftbrücke zum Einsatz kam – hier allerdings nur am Boden.
Sheckleston (Mitte)  als RBL-Repräsentant mit  dem  britischen Brigadekommandeur Oliver (links)

Seine Leidenschaft: Die Legion

Mit dem Ende seiner Berliner Dienstzeit musste William Sheckleston zunächst zurück in die Heimat. Doch bereits 1950 kam er wieder nach Berlin - dieses Mal als Beamter der britischen Militärverwaltung, nicht zuletzt wegen seiner späteren Frau.

Durch seine Erlebnisse im Nachkriegs-Berlin geprägt, stand für ihn nunmehr die Völkerverständigung zwischen Briten und Deutschen im Vordergrund.

Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Berlin Branch der Royal British Legion (RBL), der hoch angesehenen Veteranenvereinigung, die unzählige soziale Projekte bedient und sich um Hinterbliebene kümmert.
Viele Vorstandsämter hatte er dort mit großer Leidenschaft ausgefüllt, so auch als langjähriger Sekretär. Zuletzt war er bereits viele Jahre Vizepräsident und somit einer der höchsten Repräsentanten der Legion in Berlin.

"Als es noch den Stadtkommandanten gab, da hatte dieser zugleich das Ehrenamt des Präsidenten der Royal British Legion inne. Ab 1990, nachdem mit Robert Corbett der letzte Kommandant abgezogen wurde, übernahmen die jeweiligen Botschafter oder Verteidigungsattachés dieses Amt. Glauben Sie mir: Ich habe in den ganzen Jahrzehnten sehr viele kennengelernt", resümierte Sheckleston.

Der bescheidene Brite traf aber nicht nur auf Attachés und Generäle, sondern war ebenfalls stets dabei, wenn Mitglieder der Königlichen Familie in Berlin waren. "Einer von ihnen war ja bis zur Wiedervereinigung jedes Jahr hier, um im Mai die Queens Birthday Parade auf dem Maifeld abzunehmen. Und dann gab es auch immer schöne Empfänge. Ich habe sie alle getroffen. Ihre Majestät, ihre Mutter, ihre Kinder - alle. Das hat mich auch immer mit Stolz erfüllt", schwärmte Sheckleston.
Bill Sheckleston  mit einer RBL -Abordnung am 27. Mai 1994 bei der letzten Queens Birthday Parade  auf dem  Berliner Maifeld

Vom Pionier zum Vizekonsul

Auch in seinem Heimatbezirk Charlottenburg-Wilmersdorf machte er sich einen Namen. In der Seniorenbewegung organisierte er zahlreiche internationale Begegnungen und Reisen in den Londoner Stadtteil Sutton, mit dem der Bezirk eine Partnerschaft unterhält.

Dann vollzog er nochmals eine große berufliche Veränderung: 1961 wechselte Sheckleston an das Britische Konsulat, an dem er fortan für "seine Leute" wichtige Dinge  erledigte. "Ich war für Geburteneinträge und für Passangelegenheiten zuständig. Und später war ich sogar als Standesbeamter eingesetzt", erinnerte er sich.
So nahm er, ganz uneigennützig, eine wichtige Rolle innerhalb der britischen Gemeinde Berlins ein, die sich in Westend immer wieder in der dortigen anglikanischen Kirche, der St. George´s Church, traf. Sheckleston war auch dort engagiert und wirkte bei zahlreichen Feierlichkeiten als Redner, als Versöhner und Mahner.

Beruflich beendete er seine Laufbahn schließlich im Range eines Vizekonsuls, und nicht nur wegen seiner amtlichen Aufgaben, sondern eben auch in der Kombination als Repräsentant der Gemeinde und der Royal British Legion, war Sheckleston innerhalb der "britischen Familie" und deren Freunde nicht mehr wegzudenken. Und Freunde gab es viele, nicht nur Offizielle. "Ich bin bewusst in Berlin geblieben und habe es nie bereut. Das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens", sagte er lachend.

In seiner Wilmersdorfer Wohnung gab der verwitwete Zeitzeuge im Sommer 2017 eines seiner letzten Interviews. Mit Stolz blickte er auch auf die Verleihung der Ordensstufe Officer of the Most Excellent Order of the British Empire durch Königin Elisabeth II zurück – ein krönender Höhepunkt des langen Wirkens eines wahrhaftigen Brückenbauers – nicht nur als ehemaliger Engineer.

William Sheckleston OBE unterstützte als Zeitzeuge. Er starb im Dezember 2018 mit 93 Jahren in Berlin.
William Sheckleston OBE
"Ich bin bewusst in Berlin geblieben und habe es nie bereut. Eine der besten Entscheidungen meines Lebens"
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